Systemtherapie in kurativer Intention beim Mammakarzinom
Autorin:
OÄ Dr. Christina Wimmer
Innere Medizin 2
Universitätsklinikum Krems/Donau
E-Mail: christina.wimmer@krems.lknoe.at
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Dank intensiver Forschung hat sich die Systemtherapie des Mammakarzinoms in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt. Im nachfolgenden Artikel finden Sie einen Überblick zu aktuellen neoadjuvanten und postneoadjuvanten Therapieempfehlungen jenach molekularem Subtyp.
Keypoints
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Sofern sich eine Antitumortherapie empfiehlt, sollte diese neoadjuvant verabreicht werden.
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Rezent wurde die adjuvante Therapie im speziellen „high-risk setting“ bei HR-positiven Mammakarzinomen erweitert (MonarchE, NATALEE).
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ADC finden im kurativen Setting Anwendung.
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Im tripelnegativen Setting wird bereits ein Checkpoint-Inhibitor (Pembrolizumab) sowohl neoadjuvant als auch adjuvant engewendet (KEYNOTE-522; für cT2 cN+ Tumoren).
Das Mammakarzinom stellt die häufigste Tumorentität bei biologischen Frauen in Österreich dar. Statistik Austria spricht von über 6000 Neuerkrankungen jährlich. Erfreulicherweise wird der Großteil aller Neuerkrankungen im lokalisierten Stadium entdeckt, sicherlich auch bedingt durch die österreichischen Vorsorgeuntersuchungen.
Die Therapieempfehlungen sind abhängig vom jeweiligen molekularen Subtyp. Hier differenzieren wir grundsätzlich zwischen Hormonrezeptor(HR)-positiven und HR-negativen Tumoren sowie zwischen HER2-positiven und HER2-negativen Tumoren.
Um die Komplexität in der Histologie noch zu erweitern, gibt es auch HER2-„low“- und HER2-„ultralow“-Tumoren. Die HER2-Ausprägung hat Bedeutung für die möglichen Therapien im fortgeschrittenen Stadium. Zielgerichtete Anti-HER2-Therapien, insbesondere Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC), zeigen ein positives Therapieansprechen in dieser Patient:innengruppe.
Wenn ein HR- und HER2-negativer Tumor vorliegt, sprechen wir von einem tripelnegativen Mammakarzinom (TNBC), welches naturgemäß ein aggressiveres Verhalten aufweist.Die Häufigkeiten gliedern sich wie angeführt in HR-positive, gefolgt von HER2-positiven und tripelnegativen Tumoren.
Die therapeutischen Möglichkeiten sind mannigfaltig: Chemotherapie, HER2-gerichtete Therapie, endokrine Therapie, Immuntherapie, ADC, PARP(Poly[ADP-ribose]-Polymerase)-Inhibitoren. Grundsätzlich empfiehlt sich eine Chemo-/Immuntherapie bei Tumoren >2 cm, Nodalbefall, G3, hohem Ki67 („harte“ Kriterien für Antitumortherapie).
Bestandteile der Chemotherapie sind grundsätzlich ein Anthrazyklin und ein Taxan. Beim TNBC kann zusätzlich Carboplatin ergänzt werden. Wichtig: Sofern sich eine Antitumortherapie empfiehlt, sollte diese neoadjuvant verabreicht werden.
Therapiealgorithmen nach molekularen Subtypen
HR-positives, HER2-negatives Mammakarzinom
Nach erfolgter neoadjuvanter Systemtherapie und brusterhaltender Operation (BET) gefolgt von Radiotherapie definiert sich die Postneoadjuvanz nach speziellen Kriterien.
In den letzten Jahren findet neben der endokrinen Therapie (grundsätzliche Empfehlung über 5 Jahre, ggf. Verlängerung auf 7 Jahre) Abemaciclib als Vertreter der CDK(Zyklin-abhängige Kinase)4/6-Inhibitoren (MonarchE-Daten: über 4LK oder 1–3LK + Tumor über 5cm +/oder G3 oder Ki67 über 20%) bereits Anwendung.
Neben der Hormonentzugstherapie wird Abemaciclib über zwei Jahre ergänzt. Eine orale Einnahme zweimal täglich erlaubt eine sichere Anwendung mit einem gut managebaren Nebenwirkungsprofil.
Mitte Dezember 2024 wurde nach den Daten der NATALEE-Studie Ribociclib durch die EMA zugelassen. Auch hier finden sich stabile Sicherheitsdaten. Das Nebenwirkungsprofil ist den Anwender:innen bereits aus dem metastasierten Stadium bekannt. Augenmerk ist neben hämatologischen Nebenwirkungen auf mögliche QT-Verlängerungen zu richten. Diese können jedoch im Rahmen regelmäßiger EKGs gut erkannt werden. Ribociclib wird als Intervalltherapie einmal täglich oral eingenommen (3 Wochen Einnahme gefolgt von einer Woche Pause; Dosierung 400mg täglich; Stadium III; Stadium IIB+IIA N+; Stadium IIA N0 G3 oder N0 G2 mit Ki67 >20% oder Hochrisiko bei genetischem Test).
Ein Unterschied zwischen den beiden Wirkstoffen Abemaciclib und Ribociclib ist, dass Ribociclib bereits in früheren Stadien angewendet wird (Tab. 1).
Tab. 1: Einschlusskriterien bei den Studien NATALEE und MonarchE
HER2-positives Mammakarzinom
Bei Tumoren >2cm oder Nodalbefall (Stadium II–III) empfiehlt sich eine neoadjuvante Chemo-Immuntherapie: neben Anthrazyklin und Taxan eine duale HER2-Blockade mit Trastuzumab und Pertuzumab. Die Postneoadjuvanz gestaltet sich nach histologischem Befund. Bei pathologisch kompletter Remission (pCR) wird bei cN0 Trastuzumab auf ein Jahr komplettiert. Hat sich initial ein cN+ gezeigt, wird eine duale HER2-Blockade mit Trastuzumab und Pertuzumab für insgesamt ein Jahr fortgeführt. Zeigt sich keine pCR, so wird ein Jahr Trastuzumab Emtasin (T-DM1) empfohlen (Daten der KATHERINE-Studie; alle drei Wochen, intravenös).
Tripelnegatives Mammakarzinom
Beim TNBC erweitert sich ab cT2 bzw. bei cT1c und positivem Nodalbefund die neoadjuvante Chemotherapie (nach den Daten aus KEYNOTE-522) um Pembrolizumab. Hier zeigten die 5-Jahres-Daten vom Kongress der Gesellschaft für Medizinische Onkologie (ESMO) signifikante Verbesserungen der pCR sowie Verlängerungen des ereignisfreien Überlebens (EFS) und des Gesamtüberlebens.
Nach BET und Radiotherapie wird Pembrolizumab über neun weitere Zyklen verabreicht. Das Verträglichkeitsprofil ist akzeptabel und von der Anwendung von Pembrolizumab bei anderen Tumorentitäten bekannt.
Bei fehlenden Kriterien für Pembrolizumab in der Antitumortherapie, nämlich dann, wenn cT1 und cN0 vorliegt, empfiehlt sich die Chemotherapie ohne neoadjuvantes Pembrolizumab. Danach wird abhängig davon, ob eine pCR oder eine non-pCR vorliegt, nach den Daten der CREATE-X-Studie Capecitabin adjuvant über zwei Monate als orale Chemotherapie empfohlen (Memo: 5-Fluorouracil[FU]-Toxizitätstestung: Dihydropyrimidin-Dehydrogenase [DPYD]-Testung nötig!)
Welche Karzinome werden auf BRCA-Mutationen getestet?
Tab. 2:Berechnung des CPS-EG-Scores mit je 0–2 Punkten für den klinischen und pathologischen Status sowie Tumormarker
Alle HER2-negativen fortgeschrittenen Mammakarzinome, alle TNBC und HR-positiven Karzinome bei fehlender pCR mit CPS-EG >3 (Tab. 2) sollen hinsichtlich Keimbahnauffälligkeiten getestet werden.
PARP-Inhibitoren im kurativen Setting empfehlen sich in Anlehnung an die Daten der OlympiA-Studien sowohl beim HR-positiven Mammakarzinom als auch beim TNBC, sofern eine Keimbahnmutation bei BRCA vorliegt und keine pCR nach neoadjuvanter Systemtherapie dokumentiert ist. Beim HR-positiven Mammakarzinom sollte zusätzlich ein CPS-EG-Score >3 vorliegen.
Fazit
Die Therapie des Mammakarzinoms orientiert sich am histologischen Subtyp und umfasst neben neoadjuvanten Antitumortherapien (Chemo- +/– Immun- +/– Anti-HER2-Therapien) auch postneoadjuvante Behandlungsempfehlungen.
Hier wurde das Armamentarium in den letzten Monaten und Jahren nicht nur beim TNBC erweitert (Immuncheckpoint-Inhibitoren in höheren bildmorphologischen Stadien), sondern auch beim HR-positiven Mammakarzinom um mittlerweile zwei CDK4/6-Inhibitoren neben der endokrinen Therapie.
Neuere ADC in kurativer Intention werden in laufenden Studien untersucht, sodass zukünftig die Therapieoptionen (je nach Daten) noch erweitert werden könnten. Es bleibt also spannend.
Literatur:
● Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie: Empfehlungen gynäkologische Onkologie Kommission Mamma – Leitlinien und Empfehlungen. Online unter: https://www.ago-online.de/leitlinien-empfehlungen/leitlinien-empfehlungen/kommission-mamma . Abgerufen Jänner 2025 ● EMA: Kisqali – Summary of product characteristicas 2022. Online unter: https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/kisqali-epar-product-information_en.pdf . Abgerufen Dezember 2024 ● Johnston SRD et al.: JClin Oncol 2020; 38(34): 3987-98 ● Loibl S et al.: Ann Oncol 2024; 35(2): 159-82 ● Rizzo A et al.: Future Oncol 2022; 18(18): 2301-9 ●Slamon DJ et al.: Therapeutic advances in medical oncology. 2023; 15: 17588359231178125 ● Statistik Austria: Krebserkrankungen 2024. Online unter https://www.statistik.at/statistiken/bevoelkerung-und-soziales/gesundheit/krebserkrankungen . Abgerufen Jänner 2025
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